Meine Utopie

Um sich vor den real-ökologischen Schreckensbildern zu flüchten, die sich aus ihrer kapitalischen Lebensweise ergeben, verbarrikadieren sich manche gerne in eigens für diesen Zweck geschaffenen Trugbildern. Dieser Illusionsschleier vernebelt dann angenehm sie Sicht auf die geschundene Welt. Man kann ohne Zweifel weiter konsumieren. Eine potente Illusion, die es in den anerkannten Stand des consensus omnium geschafft hat, ist die messianische Technik-Erwartungen: Irgendwann kommt die uns rettende Technologie vom Himmel herab und wird sowohl die Natur als auch uns Menschen spontan heilen. Ohja! Smartphones sind technisch auf dem neuesten Stand. Aber im Kongo müssen ausgemergelte Kinder weiter nach den seltenen Erden schürfen und sich und die Umwelt dabei vergiften. Das neuste Smartphone ist vielleicht ein technischer Fortschritt – aber kein humanitärer.

Nein, Smartphones braucht man eigentlich nicht. Hingegen braucht man Essen: Im „Centre Songhai“ werden auf afrikanischen Boden neue technische Geräte und wissenschaftliche Methoden erprobt, um die Landwirtschaft vor Ort nachhaltig zu gestalten (siehe Video unten). Das sind solche Vorzeigeprojekte, die Hoffnung geben. So wird die Technik zum Mittel, nicht zum Glauben. Technik sollte wirklich allen nutzen, d.h. auch ökologisch verträglich sein. Denn der Mensch ist immer ein Teil der Natur – auch wenn er sich große Mühe gibt, alle Verbindungen zu ihr zu kappen.

Es wird kein genialer Erfinder a la Daniel Düsentrieb des Weges kommen und auf einen Schlag Grundwasservorräte wieder auffüllen, Massentierhaltung mit Tierwohl vereinen und bitte auch noch den Klimawandel stoppen. Nein. Wir müssen aktiv werden und Teil der Lösung werden.

Meine Vision ist, dass jeder Mensch einen idyllischen, kleinen Bauernhof mit ein paar Tieren seiner Wahl hat. Vielleicht auch nur einen eignen Birnenbaum. Man könnte so ein paar Prozent seines Essens selbst erwirtschaften. Vielleicht würde dieses Konzept in einer frei gewählten Gemeinschaft, in der man Gütern und Wissen austauschen kann, richtig glücklich machen. Mehr als das neuste Smartphone.

Natürlich müsste man im Job oder Studium kürzertreten, um Zeit dafür zu haben. Aber warum nicht? Viele Dinge, die man an der Uni lernt, sind überflüssig wie Fußpilz. Irrelevant. Wir können uns auch die vielen Arbeitsstunden gar mehr leisten, denn das Bruttoinlandprodukt ist eh schon zu hoch. In den Industrienationen gibt’s schon jetzt schon zu viele Ware und zu wenig Konsumenten. Also muss der Alterungsprozess der Ware künstlich erhöht werden: Die „geplante Obsoleszenz“ ist eine gängige Wirtschaftspraktik beim übersättigten Markt. (1) Mehr Arbeiten heißt nur mehr Ressourcenverschwendung – menschliche und sachliche. Lieber Protest!

Alles beim Alten zu lassen, ist bequem. Aber es ist unrealistisch, anzunehmen, dass uns die Technik dann retten wird. Menschliche und sachliche Ressourcen gehören sinnvoll eingesetzt. Menschliche Ressourcen nutzen heißt: Auf Glück und Spaß laufen, nicht Druck und Angst.

Songhai Centre in Benin:

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(1) Faszinierend und sogleich bestürzend, dass es Ingenieure gibt, die die Lebensdauer des Produkts gezielt verkürzen und „Sollbruchstellen“ einbauen: https://utopia.de/ratgeber/geplante-obsoleszenz/.


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